Zu aller erst: Dieser wird mein letzter Artikel sein, mit dem ich die BVBB-Badmintonwelt über wahre und auch manchmal phantastische Ereignisse sowie bemerkenswerte Personen im Nachwuchsleistungssport unterhalte. Und weil mir so viel durch den Kopf geht (meist, eigentlich immer, krause Gedanken) und ich noch nicht so recht in der Lage bin, Klarheit in meinem Hirn zu schaffen, habe ich beschlossen, aus meinem Bericht einen Mehrteiler zu machen. Wie in den Artikeln der Jahre zuvor wird es auch hierin Stellen geben, über die ihr vielleicht lachen müsst, andererseits aber auch nur verärgert den Kopf schüttelt oder aber „hä?“ (hallo Jerry!) denkt, weil ich mal wieder Insiderwitze unterbringe, die für einen Großteil der Leserschaft natürlich völlig unverständlich sind.
Dieser erste Teil handelt von meinen Erlebnissen und Eindrücken, die ich auf der Deutschen Jugendmeisterschaft 2023 (Mülheim/ Ruhr 25.-27.11.2022), gesammelt habe.
Für mich war es eine grandiose Meisterschaft. Nicht, weil sie besonders gut organisiert wäre, bei uns alles wie am Schnürchen geklappt hätte oder weil das Frühstück besonders lecker war – nein. Wer kann ein schöneres Abschiedsgeschenk erhalten als ich, der in seinem letzten Einsatz als Coach mit einer überragenden Leistung einer Spielerin belohnt wird und auch ein bisschen mit dazu beigetragen hat, dass sie sich am Ende des Tages Deutsche Meisterin U 17 nennen konnte: Danke Meline !
Doch nun Schluss mit dem sentimentalen Gebrabbel, hier die harten Fakten:
Diese Deutsche Meisterschaft stand unter keinem guten Stern, da es im Vorfeld unerwartet viele Störungen gab, die mich an einem erfolgreichen Wochenende zweifeln ließ. So mussten wir einen heißen Medaillenkandidaten zuhause lassen. Aditya Patil, seit längerem in bestechender Form, erwischte der Corona-Virus, sodass er seine Siegeschancen im Jungeneinzel und Jungendoppel im häuslichen Bett begraben musste. Gute Besserung, Adi! Auch Eva Stommel musste aufgrund einer Verletzung im Einzel die Segel streichen und trat somit nur im Doppel an. Auch hier wäre sicherlich ein Medaillengewinn realistisch gewesen.
Marleen Schwabe – wochenlang „Out of order“ – war gefühlt ebenfalls meilenweit von einem Medaillengewinn entfernt.
Am Vortag des Turnieres erwischte das Virus dann noch Co- Trainer und Coaching-Fuchs Timo Ayush, und Florian Baake, unser Athletiktrainer und „guter Geist“ des Teams, stolperte so sehr über seine eigenen Füße, dass diese ihn auch nicht mehr nach Mülheim tragen konnten. Also viel Arbeit für Carla Strauss, Robert Mauer und mich vor Ort. Gute Besserung an Timo und Flo!
Schlechte Voraussetzungen also, aber das Team belohnte sich mit sehr guten und teilweise sogar überragenden Leistungen. Allen voran Meline Zeisig (SV Berliner Brauereien), die im Mädcheneinzel U 17 zwar als meine heimliche Favoritin an den Start ging, die Fachwelt jedoch ausnahmslos andere Titelkandidatinnen auf der Liste hatte. Ab dem Viertelfinale kam es dicke für Meline. Dort hatte sie es mit Katharina Nilges (einer gleichaltrigen National-mannschaftsfreundin) zu tun sowie im Halbfinale und Finale mit den beiden jahrgangsälteren Favoritinnen Lara Dreesen und Constanze Winnefeld, gegen die sie bisher noch nicht gewinnen konnte.
Wille versetzt Berge! Und der Wille von Meline ist wahrscheinlich höher als der Nanga Parbat (Jerry: hä?). Zudem ist Meline noch gefährlicher. In den ersten beiden Spielen schaffte sie es, wie so häufig schon, zurückzukommen. Hohe Führungen der Gegnerinnen machen sie extrem sauer und offensichtlich werden dann in ihrem Hirn irgendwelche Zusatzsynapsen geschaltet (Eigendoping!), die sie dazu antreiben, ab sofort jeden aber wirklich jeden Ball zu erreichen. Zudem führt Meline den Wettkampf auch zwischen den Ballwechseln weiter (mich erinnert sie hier an Carolina Marin), was dazu führt, dass ihre Gegnerinnen in einen permanenten Ausnahmezustand versetzt sind. Im Halbfinale stand es 9:17 im dritten Satz gegen sie – Zusatzsynapsen angeknippst – und letztendlich 21:19 gewonnen.
Der letzte Punkt für sie in diesem Spiel (siehe 22sek.-Videoschnipsel im Google-Fotobuch von Robert, link am Ende des Berichts) ist ein überzeugendes Beispiel für die oben benannten Fähigkeiten. Im Finale war sie von Beginn an im Volllastmodus und konnte dadurch ihre Gegnerin, die verunsichert wirkte, überraschend komfortabel besiegen und somit nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft in U 15 ihren zweiten Titel in diesem Jahr einfahren.
Gänzlich anders als Meline gestrickt ist Eva Stommel (SV Berliner Brauereien), aber genauso erfolgreich. Während Meline lichterloh brennend ihre Spiele gestaltet, präsentiert sich Eva eher im „keep cool und chill mal“ – Modus. Das wirkt aber nur so. In Wirklichkeit ist sie ebenfalls außerordentlich ehrgeizig und zielstrebig. Dieser Ehrgeiz wurde an der Seite von Partnerin Marie Stern (LV NRW) mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft im Mädchendoppel U 17 belohnt. Der Sieg war sicherlich ein Favoritensieg, aber besonders das Halbfinale und Finale (hier stand ihnen Meline mit Partnerin Aurelia Wulandoko gegenüber) waren überzeugende Vorstellungen der beiden. Somit fand die DEM für Eva doch noch ein versöhnliches Ende, nachdem ihr Start dort ja lange auf der Kippe stand.
Wieder einmal nicht zufrieden mit sich war Yuri Cho (SV Berliner Brauereien), der Deutscher Vizemeister im Jungeneinzel U 17 wurde und mit Partner Mark Niemann (LV Hessen) im Herrendoppel den 3. Platz belegte. Dabei hatte er alle Aufgaben souverän gelöst. Im Einzel hatte er es geschafft, seine momentane Leistungsfähigkeit voll abzurufen und ins Endspiel ungefährdet satzverlustfrei einzuziehen. Dort stand ihm mit Luis Pongratz aber ein Spieler gegenüber, der doch auf einem höheren Level Badminton spielt als Yuri. Im Doppel stand ihnen das Favoritenteam gegenüber, das sich später im Finale locker den Meistertitel sicherte. Mein Tipp an Yuri: Es ist fürs eigene Wohlbefinden nicht förderlich, immer nur die schlechten Erbsen zu zählen. Ich werte die beiden Medaillen als Erfolg!
Marleen Schwabe (SG Empor Brandenburger Tor) spielte ein unerwartet gutes Turnier. Im Vorfeld von Verletzungen und Krankheiten gebeutelt, fuhr sie nicht optimal vorbereitet mit geringen Erwartungen nach Mülheim, zumal sie auch von ihrer Doppelpartnerin, mit der sie bei der DEM antreten wollte, im Stich gelassen wurde (Böses Bayern!). Mund abgewischt und durch.. Bravo Marleen! Somit konnte sie ihre erste Medaille bei einer Deutschen Meisterschaft erzielen. In den ersten beiden Partien überzeugte sie mit dem, was ihre Fähigkeiten ausmachen: Übers Feld flitzen, weitgehend fehlerfrei und so gemein wie möglich spielen! Im Halbfinale dann aber fand sie in Antonia Schaller (LV NRW) ihre Meisterin, die auch später ganz oben auf dem Treppchen stand. Zu hart und schnell spielte Antonia an diesem Tag und auch Marleens weitgehende Fehlerfreiheit in den Spielen zuvor war nicht mehr vorhanden. Zu viele Bälle bekam Antonia „geschenkt“. Nichts desto Trotz sicherlich ein befriedigendes Ergebnis für Marleen. Nächstes Jahr dann auf ein Neues (Vorsicht vor Meline!). Im Doppel mit Nele Vater (LV HH) hatte sie Spaß, stand aber auf verlorenem Posten, da die Gegnerinnen übermächtig waren.
Last not least im Reigen der Medaillengewinner: Milan Zeisig (SV Berliner Brauereien), der im Jungeneinzel U 15 das Halbfinale erreichte und dort ebenfalls gegen den späteren Sieger Leon Kaschura (LV NRW) ausschied. Eine Runde früher war für Jannes Ernst (BC Tempelhof) gegen den gleichen Spieler Schluss. Auffällig war, dass Jannes und Milan mit genau dem gleichen Ergebnis (11:21 12:21) ausschieden. Beide werden sich und uns jedoch in den nächsten Jahren noch viel Freude machen: Es ist ein Vergnügen, ihnen beim Wettkampf zuzuschauen. Einerseits der Zeisigsche Kampfgeist und das strategische Vermögen, andererseits die technischen Fertigkeiten, die Fitness und das Bewegen auf dem Feld sind für ihr Alter bemerkenswert und überdurchschnittlich. Zudem ist Jannes eigentlich noch in der Altersklasse U 13 zuhause, und auch Milan hat ein weiteres Jahr U 15 vor sich.
Apercus
Spätestens jetzt schüttelt die Lesegemeinde den Kopf und fragt sich unisono: Das wars jetzt? Hä? Was soll denn die bekloppte Artikel- Überschrift? Welcher Fisch? Was ist denn nun mit dem Sinn des Lebens? ..und auch die spannende Frage nach dem Rest der Welt wurde nicht beantwortet. Leute: Füße still halten, entspannt zurücklehnen und auf den 2. Teil (erscheint nächste Woche) warten.
Als Cliffhänger vorweg: Eine prominente Rolle werden die Spieler*innen einnehmen, die bei der DJEM dabei waren, aber bisher nicht erwähnt wurden sowie Thies Wiediger und Mathias Jauck.
Turnierfotos (aufgenommen von Robert Mauer): https://photos.app.goo.gl/3BQqK8WnoZWrid1N6
Turnierergebnis unter: https://www.turnier.de/sport/draws.aspx?id=2865c813-96e7-494e-bc57-eadfe44b290e